"Eine von Güte getragene Verwandlung"

Selbst ein geschundenes Stück Holz kann Ausgangspunkt religiösen Nachdenkens sein.

Organischer Prozess im Kreuz der Gegenwart
Bretter, die die Welt bedeuten


„Alte Baubretter, vielfach benutzt, betreten und getreten, sie haben Menschen davor beschützt, nicht abzustürzen. Angesichts solcher Baubretter kam mir die Idee, sie - neben Erde aus unterschiedlichen Ländern und Städten, Blei, Draht und Gold - als zeitgemäßes Material zu nutzen für einen gegenwartsbezogenen Kreuzweg. Das Kreuz Christi ist überall.

Einen Kreuzweg habe ich gestaltet, weil ich mit meinem Schaffen dem erschreckend großen Gegendruck zum Leben begegnen möchte. Denn ich bin überzeugt, dass der Mensch nicht das Ungeheuer dieser Erde sein muß. Es ist möglich, dem etwas entgegen zu setzen.

Selbst ein geschundenes Stück Holz kann Ausgangspunkt religiösen Nachdenkens sein. Mir wurde bewusst, wie bezeichnend für unsere heutige Zeit es ist, dass wir Menschen unsere Augen meistens verschließen vor der Allgegenwart von Hinweisen zu Gott. Für das Lebendige, das Gegenwart
gerade im Leid liegt - auch das Holz hat ja früher einmal als Baum gelebt - scheinen wir an der Schwelle zum 3. Jahrtausend nach Christi Geburt immer blinder. In meinem Kreuzweg liegt die Hoffnung auf die Wiederentdeckung dessen, was uns trägt. Er hat eine 15. Station, die mir wichtig ist.
„Parzival - Die Tür zum dritten Jahrtausend" trägt die Gewißheit in sich, dass Jesus nicht umsonst gestorben ist. Sein Tod für uns am Kreuz und seine Auferstehung sind Brunnen der Zuversicht, die zu keiner Zeit versiegen."

Angelika Kasching

Durch das Leben auf dem Weg

Seit dem Mittelalter ist der Brauch belegt, dass Kreuzwegstationen errichtet wurden und die Christen diese - im Gedanken an den Leidensweg Jesu - abschritten. Dabei ging es nicht um Nachahmung, es genauso wie Jesus machen zu wollen. Historisch ist dabei auch manches ungewiß, und theologisch wäre die Nachahmung überflüssig und verkehrt. Er ist diesen Weg doch für uns und zu unserem Heil gegangen. Statt dessen geht es darum, seinen Lebensweg zu begreifen und zu deuten. Das versucht jede Generation und jeder Mensch auf die eigene Weise. Die Lanker Künstlerin will uns an ihrer Bedeutung in diesen Wochen der Passions- oder Fastenzeit teilnehmen lassen.
    Als ich im September vorigen Jahres von ihrer Absicht erfuhr, die Kreuzwegstationen aus alten Baubrettern gestalten zu wollen, wurde ich neugierig. Wenig später konnten einige Büdericher mit mir die ersten Stücke in ihrem Atelier anschauen. Das von ihr auch sonst verarbeitete Material Blei (als Draht und Blech), Erde und Gold macht die ausrangierten Bretter sehr aussage- kräftig. Bei allen kehrt das Kreuz, aber in vielfältiger Gestaltung, wieder. Sie selbst sagt dazu:

"Alte Baubretter, vielfach benutzt, betreten und getreten, sie haben Menschen davor beschützt abzustürzen. Angesichts solcher Bretter kam mir die Idee, sie für einen gegenwartsbezogenen Kreuzweg zu nutzen. Das Kreuz Christi ist überall. Selbst ein geschundenes Stück Holz kann Ausgangspunkt religiösen Nachdenkens sein."
    Bei einem ersten Planungsgespräch machte Angelika Kasching deutlich, daß es ihr bei ihrem Kreuzweg mit dem Titel "Durch das Leben auf dem Weg", wie in ihrem gesamten künstlerischen Werk, um die Verbindung und Verknüpfung von Menschen geht.
    Deshalb wird es auch bei diesem Kreuzweg und an seiner letzten, der 15. Station, der "Tür zum 3. Jahrtausend", die Kunstaktion geben, daß die Künstlerin die von den Besuchern mitgebrachte Erde mischt und als Zeichen der unauflöslichen Verbindung in den Türrahmen legt. Beim Kreuzweg gilt das Verbindende aber besonders den Christen und Kirchen, so jetzt in Büderich. Deshalb werden die 15 Stationen auf die vier Kirchen verteilt. In die Bethlehem-, Christus- und Heilig-Geist-Kirche je vier Stationen, in die St.-Mauritius-Kirche drei. Als Ganzes ergeben sie einen Kreuzweg.

Friedemann Johst
Pfarrer der Evangelischen Bethlehem-Kirche Meerbusch-Büderich im März 1997